Ankunft in Thüringen

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Da konnte der Motor zeigen, was er kann ...

... Punkt 10.00 Uhr war ich am Observation Point (OP) Alpha (ehemaliger Grenzübergang von Thüringen nach Hessen, heute Gedenkstätte und Museum), wo ich Anika und Stefan traf. Ich hatte zuvor noch nie vom OP Alpha gehört und fragte mich wieder einmal warum. Da ich keine Zeit hatte, mich im Vorfeld um eine Führung zu kümmern, ging ich spontan an die Kasse, stellte mich kurz vor und fragte, ob es möglich wäre, einen Interviewpartner für 15 oder 20 Minuten zu bekommen, der mir vor der Kamera etwas erklären könnte. Die nette Kassiererin telefoniert kurz, und 15 Minuten später war David Altheide da. Er arbeitet, wie die meisten Führer, ehrenamtlich im Point Alpha. Er nahm sich sogar zwei Stunden Zeit, um uns alles zu zeigen. Sein Wissen nicht nur über den Grenzübergang, sondern die gesamte Geschichte zu DDR und BRD und den kalten Krieg war umfassend und faszinierend. Bei der Wiedervereinigung war ich noch ein Kind, und bekam daher relativ wenig mit. Nun von Zeitzeugen zu hören, wie es damals zuging, den Original-Zaun mit Selbstschussanlage zu sehen, war spannend und schrecklich zugleich.

Im OP Alpha

OP Alpha

Immer wieder zogen tiefdunkle Wolken am Horizont auf, und es gab dann regelmäßig kurze heftige Schauer, aber per Zufall waren wir in diesen Momenten entweder im Museum oder hatten etwas zum Unterstellen. Ich hatte schon ein paar Vorträge in Thüringen, aber in meiner Freizeit oder im Urlaub war ich noch nie in diesem Bundesland unterwegs. Zeit wurde es, nicht umsonst wird Thüringen das grüne Herz Deutschlands genannt. Sattgrüne Wälder, soweit das Auge reicht. Einzig, was mir bereits am ersten Tag auffiel, war, dass es im Vergleich zu Bayern weniger Fahrradwege gab, gerade entlang den Hauptstraßen. Anika und Stefan hatten ebenfalls E-Bikes und so fuhren wir zügig nach Roßdorf, wo die beiden wohnen. Die Zwei hatten mir eine Unterkunft für die Nacht organisiert. Und was für eine! Mit Abstand mein schönstes Bett. Ich übernachtete in einem selbst gebauten Bauwagen. Und da hat jemand richtig viel Arbeit und Herz reingelegt. In der Nacht ging die Temperatur wieder auf den Gefrierpunkt runter, was mich nicht wirklich störte, da ich im Bauwagen einen Ofen hatte, der sogar die natürlich selbst gebaute Fußbodenheizung im Bad versorgte. Das Allerbeste war der genial Blick über die Rhön.

Unterwegs in Thüringen

Übernachtung im Bauwagen

Abends fuhren wir noch mit dem Auto nach Meiningen, um Thüringen Klöße zu essen. Ich kenne sie als Kartoffelknödel, und der Kloß hat hier in Meiningen seinen Ursprung. Ich muss sicher nicht erwähnen, dass ich in meinem Bauwagen geschlafen habe wie ein Kleinkind.

Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Anika und Stefan ging es für Stefan und mich bei noch kühlen Temperaturen auf's Rad. Stefan fährt ebenfalls ein E-Bike mit einem Bosch Classic Motor. Wegen Herzrhythmusstörungen darf er sich nicht überbelasten, weshalb ihm das E-Bike weiterhin die Möglichkeit gibt Fahrrad zu fahren. Unser Ziel war die Wartburg bei Eisenach.

Bis wenige Kilometer vor der Burg fuhren wir über kaum befahrene Landstraßen bzw. Fahrradwege. Kurz vor der Burg verließen wir die geteerten Straßen und nahmen Waldwege. Zwischendurch waren wir auch für einige Zeit auf dem Rennsteig unterwegs, einer der bekanntesten Rad- und Wanderwege Thüringens. Aufgrund eines unendlich großen Netzes aus Wegen und Abzweigungen war die Orientierung trotz Navi gar nicht so einfach, weshalb wir mehrmals nach dem Weg fragten. Irgendwann waren es nur noch 1,5 km bis zur Burg, wobei es noch knapp 400 Höhenmeter zu überwinden galt. Die steilste Stelle hatte eine Steigung von über 20%. Hier konnte mein Haibike XDURO Trekking mit seinem Bosch Performance CX Motor (der leistungsstärkste im Bosch-Sortiment) zum ersten Mal sein ganzes Können zeigen. Leichtester Gang rein und auf Turbo (300% Unterstützung) gestellt, ging es mit meinen 40kg Gepäck den Hang hinauf. Blöd nur, dass mir auf halber Strecke der Akku leer ging und ich wechseln musste. Ich habe auf dieser Reise zwei 500Wh Akkus dabei. Das Problem war danach allerdings das Anfahren, es war so steil, dass ich nach der ersten halben Pedalumdrehung bereits wieder rückwärts rollte, noch bevor ich den zweiten Fuß auf das Pedal bekam. Die ganze Aktion hätte fast in einem ersten Crash geendet, ich konnte das Fahrrad nach einer 180-Grad-Drehung aber gerade noch abfangen, bevor ich samt Zubehör den Hang wieder hinunter gerollt wäre. Danach ging mein Puls erst einmal ein paar Minuten lang deutlich schneller, und ich brauchte einen Moment um den Schock zu verdauen. Danach versuchte ich es mit Schieben. Keine Chance 60 kg den Berg hinauf zu bekommen. Also musste mir Stefan helfen, indem er mir Starthilfe gab und von hinten anschob. So bekam ich meine zwei Füße auf die Pedale und konnte die letzten 700 Meter zur Burg zurücklegen. Für mich schon faszinierend zu sehen, dass ich mein Fahrrad nicht hochschieben konnte, aber es hoch zu fahren kein Problem war. Der Motor hat 75NM Drehmoment. Für alle, die wie ich in Physik in der letzten Reihe saßen und vor sich hinschliefen zum Vergleich: Mein Motor, mit dem ich in Australien unterwegs war, hatte 50NM Drehmoment.

Ankunft auf der Wartburg

Als wir oben ankamen, war mir klar, dass sich alle Strapazen gelohnt hatten. Alleine schon des Ausblicks wegen. Die Wartburg wurde am höchsten Punkt der Umgebung errichtet und bietet einen sagenhaften 360-Grad-Rundumblick, besonders von einem der beiden Türme. Bäume und Grüntöne soweit das Auge reicht.

Wartburg

Die Wartburg gehört seit 1999 zum UNESCO Weltkulturerbe, Goethe war mehrmals zu Besuch gewesen, und Martin Luther (über den ich später in Sachsen-Anhalt noch viel mehr erfahren sollte) hielt sich hier ein Jahr (1521/1522) versteckt und übersetzte in dieser Zeit das Neue Testament ins Deutsche. Nach einem massiv überteuerten Mittagssnack war es an der Zeit mich von Stefan zu verabschieden. Wegen der winterlichen Temperaturen verbrachte ich die Nacht in einem günstigen Motel ...

Wartburg

14. Mai: 67,2 km / AVG 20,7 km/h / Max 50 km/h

15. Mai: 65,3 km / AVG 19,8 km/h / Max 61 km/h

 

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